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Die Corona-Krise gefährdet die Schwächsten am Arbeitsmarkt

(30.4.2020) Dramatische Aussichten zum Tag der Arbeitslosen: Seit den 1950er-Jahren gab es nicht mehr so viele Arbeitsuchende in Österreich. Wien ist dabei besonders betroffen, lebt hier doch ein Drittel aller Arbeitslosen. Ende April waren in der Bundeshauptstadt 197.367 Menschen arbeitsuchend gemeldet (inkl. Personen in Schulung) – eine Steigerung von 40,6% verglichen mit dem April des Vorjahres.

Große Gefahr für benachteiligte Gruppen

Im Gegensatz zur Finanzkrise 2008/2009 trifft die steigende Arbeitslosigkeit jetzt fast alle Branchen und auch alle Altersstufen. „Wir dürfen aber im Schock über die hohen Arbeitslosenzahlen nicht auf die vergessen, die es schon bisher schwer am Arbeitsmarkt hatten“, warnt Christoph Parak, Geschäftsführer von arbeit plus Wien. „Vor allem ältere Personen, Geringqualifizierte oder Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen hatten schon in Zeiten der Hochkonjunktur Schwierigkeiten, einen Job zu finden, wenn sie einmal den Arbeitsplatz verloren haben. Nun wird es für diese Gruppe noch schwieriger. Es besteht die Gefahr, dass die Zahl derer, die schon in ‚guten Zeiten‘ kaum vermittelt werden können, noch weiter steigt. Dass also die Sockelarbeitslosigkeit zunimmt, was die Betroffenen und unsere Gesellschaft als Ganzes dramatisch belasten würde.“

Das massive Wachstum der Langzeitarbeitslosigkeit wird aber erst in den nächsten Monaten und im kommenden Jahr in seinem vollen Ausmaß sichtbar werden. „Das wird noch eine riesige Herausforderung, besonders in Wien“, so Parak.

In Wien ist die Zahl der Personen, die schon ein Jahr oder länger auf Jobsuche sind, auf 25.293 angestiegen, um 16,5% mehr als im Vorjahr. „Diese Gruppe benötiget besondere Unterstützung, die sie in den Sozialen Unternehmen erhalten“, erläutert Swantje Meyer-Lange, Vorstandsvorsitzende von arbeit plus Wien. Die Wiener Sozialen Unternehmen waren auch in der Hoch-Zeit der Corona-Maßnahmen aktiv und leisteten in systemrelevanten Tätigkeitsbereichen ihren Beitrag zur Bekämpfung der Krise – mit individueller Online-Beratung und -Unterstützung sowie innovativen Ideen (zum Beispiel Herstellung von Mund-Nasen-Schutz als gemeinsame #maskforce). 

Bedeutung des Sozialstaats wird offensichtlich

Die aktuelle Situation zeigt eindrucksvoll wie schon lange nicht, wie wichtig ein leistungsstarker Sozialstaat ist. Momentan sind der Gesundheitssektor und das Arbeitsmarktservice besonders gefordert. Mit viel Engagement erfüllen sie ihre Aufgaben bravourös. Unterstützend und die Krise ausgleichend wirken alle Systeme der sozialen Sicherung. Als Beispiel sei das öffentliche Pensionssystem genannt. Die Realität der PensionistInnen wäre mit dem weltweiten Absturz der Börsekurse eine grundlegend schlechtere, wäre die Höhe ihrer Pensionen mit der Lage auf den Kapitalmärkten verbunden.

Aber wie wäre die Situation ohne funktionierende wie leistungsstarke Systeme der sozialen Sicherung? Ländervergleiche zeigen es drastisch: Wurden in der Vergangenheit im Spitalsbereich Kapazitäten reduziert, wurde „im System gespart“, um Kosten zu senken, sterben Menschen jetzt irgendwo isoliert ohne Hilfe. Gibt es keinen sozialstaatlichen Rahmen zur Unterstützung von ArbeitnehmerInnen und Unternehmen wie Kurzarbeit, Arbeitslosengeld und Unterstützungsfonds, treten existenzielle Nöte oft sofort ein, sind Pleiten schnell unumgänglich, und die Kriseneffekte wirken umso länger nach.

Was wäre beispielsweise, hätte die ehemalige schwarz-blaue Bundesregierung wie ehedem vorgesehen die Notstandshilfe abgeschafft? Viele Menschen wären jetzt sehr schnell angewiesen auf die Sozialhilfe – das unterste soziale Netz. Die Armenfürsorge der Länder wäre sehr rasch in höchstem Maß gefordert. Anspruch auf Sozialhilfe gibt es allerdings erst, nachdem persönliche Ersparnisse und eigenes Vermögen der durch die Krise Arbeitslosen weitestgehend aufgebraucht worden wären. Etwaige Unterhaltsansprüche gegenüber Angehörigen, die vorrangig vor einer möglichen Inanspruchnahme der Sozialhilfe zu klären sind, hätten den Zugang zum untersten sozialen Netz zudem weiter erschwert.  

Niemanden mit den Folgen der Krise alleine lassen

Gerade in Krisenzeiten zeigt sich auch die Bedeutung der arbeitsmarktpolitischen Dienstleister. Gemeinsam mit dem AMS Wien, das durch seinen raschen und engagierten Einsatz für die Kurzarbeit unzählige Arbeitsplätze rettete, setzen sie alles daran, Arbeitsuchende möglichst rasch zurück in Arbeit zu bringen. Mit individueller Beratung, Training, befristeter Beschäftigung, Qualifizierung und viel Vermittlungsarbeit. „Um die massiven Herausforderungen am Arbeitsmarkt zu meistern, muss die öffentliche Hand die Finanzierung des AMS sowie der Strukturen der Sozialen Unternehmen langfristig sicherstellen. Nur so ist gewährleistet, dass die Sozialen Unternehmen ihren wichtigen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen können und die Schwächsten am Arbeitsmarkt nicht auf der Strecke bleiben“, mahnt Swantje Meyer-Lange. 

Zahlen und Daten zur Erwerbsarbeitslosigkeit in Wien

  • Im April 2020 waren in Wien 178.725 Personen beim AMS arbeitsuchend gemeldet. Das ist ein Anstieg um 56,2 % gegenüber dem Vorjahr, weitere 18.642 Personen befanden sich in Schulungen.
  • Die im April 2020 in Wien arbeitsuchend gemeldeten Personen teilen sich auf wie folgt:

          o 18.456 sind jünger als 25 Jahre (+88,4 % gegenüber 04/2019) – dieser
              Umstand ist lauf WIFO der Tatsache geschuldet, dass diese Altersgruppe
              besonders in den Bereichen Gastronomie, wirtschaftliche
              Dienstleistungen, Kultur und Erziehung tätig ist.

          o 132.364 sind Erwachsene 25-44 Jahre (+41,8 % gegenüber 04/2019)

          o 46.574 sind Ältere ab 50 Jahre (+42,2% gegenüber 04/2019)

    o 70.406 Wienerinnen und Wiener der beim AMS vorgemerkten Personen waren langzeitbeschäftigungslos. Als langzeitbeschäftigungslos gilt eine Person, wenn die Dauer des zugehörigen Geschäftsfalls zum Stichtag eine Geschäftsfalldauer von mehr als 365 Tagen aufweist. Das bedeutet, dass fast die Hälfte aller 145.261 österreichweit gemeldeten Langzeitbeschäftigungslosen in Wien leben.

  • Die größte Gruppe bei den Langzeitbeschäftigungslosen sind Menschen im Alter von 55 bis 59 Jahre mit 4.791 Personen, gefolgt von den 50- bis 54-Jährigen mit 3.541 Personen.

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