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Über uns

Positionen von arbeit plus Wien

Zentrale beschäftigungspolitische Aktionsfelder zur Bewältigung aktueller Krisen

Wir stehen derzeit an einer historischen Weggabelung, die über die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft entscheidet. Programme für den sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Wiederaufbau müssen zentral die Bewältigung der Klimakrise berücksichtigen. Städten und Gemeinden kommt dabei eine Vorreiterinnenfunktion zu, auch wenn die Schaffung der maßgeblichen Rahmenbedingungen häufig nicht in die kommunale Kompetenz fällt.

In die Zukunft gerichtete Wirtschaftspolitik muss sich zudem an inklusivem Wachstum orientieren und Bevölkerungsgruppen stärker berücksichtigen, die am hohen Wohlstands-Niveau in unserer Gesellschaft nur unterdurchschnittlich teilhaben. Dazu gehören häufig Frauen, die in so genannten systemrelevanten Branchen oft zu schlechten Bedingungen beschäftigt sind.

arbeit plus Wien als Dachverband der Wiener arbeitsmarktpolitischen Dienstleister hat die wesentlichen Maßnahmen zur beschäftigungspolitischen Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zusammengefasst, dabei die besondere Situation der Großstadt Wien bedacht und die folgenden Aktionsfelder als prioritär festgemacht.

Zentrale Forderungen

  • Erhöhung des Budgets für aktive Arbeitsmarktpolitik auf jährlich mindestens 1,5 Milliarden Euro österreichweit zur effektiven Bekämpfung der herrschenden Arbeitslosigkeit. Aufgrund der besonderen Situation Wiens als einzige Großstadt Österreichs mit fast zwei Millionen EinwohnerInnen und den spezifischen Herausforderungen eines großstädtischen Arbeitsmarkts muss ein den Wiener Herausforderungen entsprechend hoher Anteil der Fördermittel Wien zugutekommen.
  • Zugang zu Unterstützung und Förderungen für alle Arbeitssuchenden ohne Einschränkungen durch die Segmentierung der Arbeitsuchenden über einen AMS-Algorithmus – Unterstützung und Förderungen gerade für die, die ohne Unterstützung Gefahr laufen, an den Anforderungen des Arbeitsmarkts zu scheitern. Das beinhaltet eine Aufweichung der in den letzten Jahren dominierenden AMS-Zielgruppenpolitik und ein Überdenken der strikten Förderlogik nach „AMS-Budgettöpfen“, die einzelnen Zielgruppen gewidmet sind, ohne dabei das Prinzip der Gender-Gerechtigkeit zu vernachlässigen.
  • Ausbau von Angeboten im Bereich geförderte Beschäftigung, Arbeiten & Lernen, Beratung/Betreuung und Qualifizierung für Jugendliche/junge Erwachsene mit einem Schwerpunkt auf Ausbildung. Forcierte Öffnung von sozialintegrativen Unternehmen für unter 25-jährige, die z.B. nach Abschluss der Überbetrieblichen Ausbildung weitere Praxis brauchen und keine Stelle in einem herkömmlichen Betrieb finden.
  • Frauen sind durch die Corona-Krise überproportional von steigender Arbeitslosigkeit betroffen. Dieser Umstand muss beim Ausbau von Angeboten im Bereich geförderte Beschäftigung, Arbeiten & Lernen, Beratung/Betreuung und Qualifizierung entsprechend berücksichtigt werden. Mindestens 50% der arbeitsmarktpolitischen Mittel sind für Frauen zur Verfügung zu stellen. Um den bestehenden Segregationen am Arbeitsmarkt und dem ökonomischen Ungleichgewicht, dem gravierenden Gender Pay Gap und dem noch höheren Gender Pension Gap entgegenzuwirken, braucht es Qualifizierungsoffensiven für Frauen in den zukunftsträchtigen Branchen Technik, Klima/Ökologisierung und Digitalisierung.
  • Ausreichende Dotierung der Förderbudgets zur Integration von MigrantInnen und Asylberechtigten am Arbeitsmarkt durch sprachliche und fachliche Qualifizierungsangebote (dabei sozialintegrative Unternehmen als Lernorte für betriebsnahe Qualifizierung nutzen). Auch hier gilt es die besondere Situation Wiens mit seinem hohen, typisch großstädtischen MigrantInnen-Anteil zu berücksichtigen und entsprechend umfangreiche Mittel zur Verfügung zu stellen.
  • Abbau des bürokratischen Aufwands im arbeitsmarktpolitischen Förderwesen, damit möglichst vielen Menschen möglichst schnell, einfach und effektiv auf dem Weg zurück in den Arbeitsmarkt geholfen werden kann. Arbeitsmarktpolitische Aufträge sollten verstärkt über Pauschalen abgerechnet werden.

Im Bereich Bildung & Qualifizierung

  • Nicht zuletzt durch die COVID-19-Pandemie schreitet die Digitalisierung in großen Schritten voran, die digitalen Anforderungen am Arbeitsplatz steigen kontinuierlich. Sozialintegrative Unternehmen haben jahrzehntelange Erfahrung in der erfolgreichen Verbindung von Beschäftigung und Bildung: „Arbeiten & Lernen“ ist ein umfassend erprobter Ansatz mit entsprechenden Erfolgszahlen. Daher sollte dies zukünftig im Digitalisierungsbereich stärker ausgebaut werden, um die Beschäftigungschancen der Menschen zu erhöhen und den modernen Anforderungen am Arbeitsplatz gerecht zu werden.
  • In zukunftsträchtigen Branchen wie MINT, Klima, Ökologie, Informations- und Kommunikationstechnologie herrscht nach wie vor ein Fachkräftemangel. Es gilt eine Qualifizierungsoffensive für diese Branchen zu starten, die primär Frauen adressiert. Frauen sind in diesen Berufsfeldern nach wie vor stark unterrepräsentiert. Eine gezielte Unterstützung von Frauen auf diesem Gebiet eröffnet Frauen neue Berufs- und Einkommenschancen, reduziert dadurch Segregationen und ökonomische Ungleichheiten und bringt für die Wirtschaft ein großes Potential an zusätzlichen Fachkräften.

Im Bereich geförderte Beschäftigung

  • Möglichkeit zur längerfristig geförderten Beschäftigung in Sozialintegrativen Betrieben für arbeitsmarktferne Personen bis hin zu signifikanter Steigerung des Angebots von Dauerarbeitsplätzen analog den Integrativen Betrieben. Das gilt besonders für ältere Menschen, die über zu wenige Beitragszeiten für die Pensionsversicherung verfügen, um einen eigenständigen Pensionsanspruch bei Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters zu erlangen. Analog zu den Integrativen Betrieben sollte für diese Zielgruppe der Älteren mit zu geringen Pensionsversicherungszeiten eine Mischfinanzierung durch Bund und Land angedacht werden.
  • Weiterführende begleitende (und vertiefend) individuelle Unterstützung nach erfolgter Vermittlung: Begleitende arbeitsplatzsichernde Maßnahmen durch Kooperationen mit aufsuchend tätigen Beratungs- und Betreuungseinrichtungen (z.B. über Jobcoaching) sichern die Nachhaltigkeit der zuvor gesetzten Maßnahmen.
  • Joboffensive 50plus auf Bundesebene etablieren und auf Landesebene für NPO und Wirtschaftsbetriebe ausbauen.
  • Bereiche der Kreislaufwirtschaft sind Branchen mit Zukunftsberufen auch für gering qualifizierte Menschen. Gezielte Förderung mit längerfristigen Fördervereinbarungen im Bereich Reparatur, Re- und Upcycling bei Beteiligung (und Finanzierung) zusätzlicher Institutionen (Bund und Land) neben dem zentralen Akteur AMS.
    Die Stadt Wien könnte sich mit innovativen Programmen zu einer Stadt entwickeln, die eine Vorreiterinrolle mit internationaler Strahlkraft einnimmt. Derartige Programme sollten in Kooperation mit Betrieben der Kreislaufwirtschaft partizipativ entwickelt werden. Im Hinblick auf die kommende ESF-Förderperiode sollten entsprechende ESF-Schwerpunkte als Ko-Finanzierungsquellen genützt werden.
  • Kommunale Beschäftigung ausbauen: Jährlich zumindest 300 zusätzliche niedrigqualifizierte Jobs schaffen für Menschen, die am Arbeitsmarkt keine oder nur geringe Chancen haben, z.B. in den Bereichen U-Bahn-Aufsicht, Parkraumbewirtschaftung, Reinigungsdienstleistungen, zusätzliche Serviceangebote in Gemeindebau-Komplexen wie z.B. die BewohnerInnen- und Grätzlbetreuung in ausgesuchten Siedlungen des kommunalen Wohnbaus in Hamburg.
    Die Wiener sozialintegrativen Betriebe sind Garant dafür, dass diese Jobs auch besetzt werden, weil gerade sie das Know-how für die Beschäftigung von arbeitsmarktfernen Personen mit formal niedriger Qualifikation haben.
    Der Nutzen soll für die Bevölkerung Wiens klar ersichtlich sein und ein doppelter Mehrwert entstehen: Alle WienerInnen profitieren von den zusätzlichen Dienstleistungen, und die Zahl der BezieherInnen von Mindestsicherung/Sozialhilfe sinkt.
  • Gemeinsamer, zwischen AMS und Stadt Wien abgestimmter Ausbau der Gemeinnützigen Beschäftigungsprojekte zusätzlich zum Ausbau geförderter Beschäftigung in Wien, u.a. im Bereich der Kreislaufwirtschaft, um in Form eines Stufenmodells arbeitsmarkfernen Menschen den schrittweisen Weg (zurück) in den Arbeitsmarkt und hinaus aus der Mindestsicherung/Sozialhilfe zu ermöglichen.

Im Bereich Vergabe öffentlicher Aufträge

  • Deutlich verstärkte Berücksichtigung sozialer Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe im Sinne der EU-Richtlinie, z.B. nach dem Vorbild Straßburgs: systematische Vergaben öffentlicher Aufträge an Unternehmen, die zumindest 30 Prozent benachteiligte Personen beschäftigen.
  • Einarbeitung eines sozialen Kriterienkatalogs in den Österreichischen Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung (NABE), um bei der öffentlichen Auftragsvergabe eine für die AuftraggeberInnen wichtige Rechtssicherheit bei der Berücksichtigung sozialer Kriterien zu gewährleisten.
  • Systematische Förderung innovativer Ansätze in der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf kommunaler Ebene über den Einsatz sozialintegrativer Kriterien bei der öffentlichen Auftragsvergabe mit zumindest mittelfristiger Perspektive (5 Jahre), um (beschäftigungspolitische) Wirkungen fair bewerten zu können. Experimentelle Ansätze neben den etablierten Strukturen im arbeitsmarktpolitischen Bereich fördern, um Innovationen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik anzuschieben.