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„Es warat wegen da Deiwörsiti“

(26.1.2017) Und man ahnt, dass Unterschiede auch Spaß machen können. Das liegt an Sätzen wie „Wir können bedauern, dass es Vielfalt gibt, oder wir können konstruktiv damit umgehen.“ Oder: „Quoten sind ein legitimes Mittel, um Gleichstellung durchzusetzen, aber es gibt viel mehr Möglichkeiten, das Ziel freudvoller zu erreichen.“
Derzeit sind wir von einem ungeteilten Recht auf Teilhabe entlang der „Kerndimensionen“ Geschlecht/Gender, Alter, kulturelle Vielfalt/Hautfarbe, Behinderungen, sexuelle Orientierung und Religion/Weltanschauung freilich weit entfernt: „Frauen bis 40 werden nicht genommen, weil sie schwanger werden können, und Frauen ab 45 werden nicht genommen, weil sie zu alt sind für den Arbeitsmarkt“, bringt Pauser es auf den Punkt. Eine Untersuchung habe zudem ergeben, dass Menschen mit türkischem Namen oder schwarzer Hautfarbe bei gleichen Qualifikationen sieben Mal weniger zu Bewerbungsgesprächen eingeladen werden als andere. Und nebenbei erfahren die TeilnehmerInnen der Schlüsselkräftetagung auch, dass Österreich und Schweden im Ländervergleich die Schlusslichter sind, wenn es darum geht, Menschen mit hörbarem Akzent anzustellen.

Chancengerechtigkeit für alle

Diversity und Inklusion – beides Ansätze zu einem konstruktiveren Umgang mit der Vielfalt – sind in etwas unterschiedlichen Kontexten entstanden und haben deshalb unterschiedliche Schwerpunkte. „Diversity Management“ meint das gezielte Verwenden der Vielfalt, um Organisationszwecke zu erreichen. Es ist vor allem in Wirtschaft, NGOs und Verwaltung verortet und dient dort vorrangig einem ökono-mischen Nutzen. Die im Schul- und Bildungsbereich sowie in der Politik verankerte „Inklusion“ fußt weniger auf einem Nutzen als auf der normativen Forderung nach Chancengerechtigkeit für alle (Lernenden): Es ist einfach gerecht, wenn niemand schlechtere Karten hat.
„Im besten Fall“, sagt Pauser, „ergänzen sich die beiden Ansätze.“ Etwa, wenn die Stadt Wien sich dafür stark macht, dass auch schwule und lesbische Paare die Obsorge von Kindern bekommen. Es ist fair. Und: In Wien fehlen hunderte Pflege-plätze für benachteiligte Kinder, die die Stadt bei schwulen und lesbischen Paaren mit Kinderwunsch in guten Händen weiß.

Verantwortung teilen

Weil die Barrieren in Köpfen und Strukturen nach wie vor hoch sind, plädiert Pauser bei den anwesenden VertreterInnen der Sozialen Unternehmen dafür, den Diversity&Inklusions-Ansatz engagiert in den eigenen Reihen zu verwirklichen, um ihn auch glaubwürdig von anderen verlangen zu können. Wichtig sei hier, die geltenden Machtverhältnisse nicht außer Acht zu lassen, sondern (auf Organisationsebene) Verantwortung im Zuge echter Partizipation zu teilen.
Doch was tun, wenn im Beratungs- und Coaching-Alltag ein 53-jähriger Pharmareferent oder eine begabte Controllerin mit Kopftuch vor einem sitzt, deren Hoffnung auf einen Job längst verflogen ist? „Manchmal“, sagt Pauser - und der Schalk ist ihm bei allem Ernst des Themas ins Gesicht geschrieben - „muss man es auch einfach mal auf die Spitze treiben“. Der Pharmareferent verfasste einen Bewerbungsbrief mit den Worten „Sehr geehrte Damen und Herren! Es macht überhaupt keinen Sinn, mich bei Ihnen zu bewerben, weil heutzutage niemand einen 53-Jährigen einstellt, aber…“ Er wurde zu zwei Bewerbungsgesprächen eingeladen. Letzlich entschied er sich aber für die Selbstständigkeit. Im Falle der muslimischen Controllerin griff Pauser zum Telefon und rief befreundete Unternehmen an: „Es warat wegen da Deiwörsiti….“

Ein Mann mit Brille in blauem Anzug mit grünem Pullover erklärt am Podium gestenreich etwas
Bildungswissenschaftler und Trainer Norbert Pauser

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