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Blühende Blumenstöcke in einem Büro

Schritt für Schritt zu mehr Selbstvertrauen

„Ich habe als Stubenmädchen gearbeitet, bevor ich die Kinder bekommen habe“, erzählt Osasu A.. Im Jahr 2000 war sie aus Nigeria nach Österreich gezogen, 2006 erhielt sie die Arbeitsgenehmigung und arbeitete bis 2010, als ihr ältestes Kind zur Welt kam. Drei weitere Kinder, darunter ein Zwillingspärchen, folgten bis 2014. Viel Arbeit für die Mutter, die aber dennoch wieder einen Job suchte – allein die Betreuungspflichten schränkten ihre Arbeitsmöglichkeiten doch sehr ein. „Ich habe Jobs als Stubenmädchen oder Reinigungskraft gesucht, und später dann irgendeinen Job, egal was“, gibt sie Einblick in ihre damalige, hoffnungslose Situation. Obwohl die Kinder bereits sehr früh den Kindergarten besuchten und sie alles tat, um eine Anstellung zu finden – es wollte einfach nicht klappen!
 
Osasu A.s Beraterin beim AMS hatte Verständnis, schickte sie zuerst in einen Kurs, denn formelle Bewerbungsschreiben waren ein großes Problem für die vierfache Mutter: „Für mich ist es sehr schwer wegen der Sprache, ich kann schon sprechen, aber Schreiben für Bewerbungen und so fällt mir schwer. Und alles geht nur online, ich muss mich mit Computer oder Handy bewerben, auf Deutsch Bewerbungen schreiben, und das war schwer.“ Schließlich wurde Osasu A. zu „Schritt für Schritt“ zugebucht. „Ich habe nicht gedacht, dass ich einen Job finde, als ich hierhergekommen bin. Ich habe gedacht, das wird so wie immer“, sagt sie, und man erahnt, wie desillusioniert und deprimiert sie schon gewesen sein muss.

Eine dunkelhäutige Frau mit schwarzen, kurzen Locken in einem grünen, gemusterten Kleid.

„Wir haben verschiedene Schritte unternommen, darunter Motivationsgespräche und die Erarbeitung eines Finanzplanes“, erklärt „Schritt für Schritt“-Beraterin Roya Ghaffary. „Wir haben versucht ihre Stärken zu analysieren und auszubauen, um Chancen zu nutzen, während wir gleichzeitig daran arbeiteten, ihre Schwächen zu identifizieren und zu minimieren.“ Weitere wichtige Themen waren Kinderbetreuung und Arbeitszeitgestaltung, denn für die Mutter war es natürlich wichtig, dass die Kinder gut versorgt sind. „Das war so schwer mit den Zeiten. Ich habe oft Jobs probiert, aber es hat nicht geklappt. Das will keiner hören, dass du von weit weg kommst und nicht früher da sein kannst“, weist sie auf das Problem vieler Alleinerzieher*innen hin.

Trotz dieser Hindernisse wollte Osasu A. unbedingt arbeiten, war es schon leid, zuhause zu sein: „Ich wollte etwas machen, fit sein.“ Bei Schritt für Schritt bekam sie die Chance, dass einmal ganz genau hingeschaut wurde, dass sie selbst und die beste Unterstützung für sie im Mittelpunkt standen. „Ich muss immer an die Kinder denken. Zuerst kommen die Kinder, erst danach komme ich am zweiten Platz. Und diese Confidence, dieses Selbstvertrauen… Früher dachte ich mir, okay, wenn ich vier Kinder habe, nimmt mich niemand für eine Arbeit. Und jetzt sage ich, okay, ich habe vier Kinder, aber ich kann den Job machen“, bringt die 42-Jährige auf den Punkt, wie sie am meisten von der Beratung profitiert hat.

Eine dunkelblonde Frau mit Pferdeschwanz im ärmellosen Sommerkleid unde eine dunkelhäutige Frau mit schwarzen, kurzen Locken im grünen, gemusterten Kleid sitzen in Postersesseln und unterhalten sich.
Osasu A. ist glücklich in ihrem neuen Job – das freut auch Viktoria Anderl, Schritt für Schritt Projektassistenz.

Und dieses Selbstvertrauen, das sich Osasu A. in der Beratung erarbeitet hat, das fehlt oftmals Menschen, die schon sehr lange ohne Job sind. Deshalb werden bei Schritt für Schritt Personen, die mehr als fünf Jahre arbeitsuchend sind, ohne Druck, aber mit viel Einfühlungsvermögen individuell beraten. „Wir müssen schauen, was notwendig ist“, erläutert Projektassistenz Viktoria Anderl. „Es kann sein, dass man tatsächlich gleich mit Bewerbungen startet, weil die Person so weit ist. Es kann aber auch sein, dass wir uns viel Zeit nehmen, für Motivation, für Aufbau, oder dass wir auch Problematiken, die einer Jobsuche im Weg stehen, etwa Schulden oder gesundheitliche Probleme, zuerst in Ruhe bearbeiten und uns dann auf die Jobsuche fokussieren.“ Bei einer durchschnittlichen Betreuungszeit von eineinhalb Jahren, die auf bis zu drei Jahre verlängert werden kann, ist es durchaus in Ordnung, wenn in den ersten drei Monaten lediglich Stabilisierungs-, Aufbau- und Motivationsgespräche stattfinden. „So können wir erst einmal auf die Stärken fokussieren, die Ressourcen aktivieren und dann kann’s so gut ausgehen wie bei Frau A.“, so Viktoria Anderl.

Denn bei Osasu A. ging es dann ganz schnell ganz gut aus: Beraterin Roya Ghaffary unterstützte sie bei den Bewerbungen, schickte diese gemeinsam mit der Teilnehmerin ab, und die telefonischen Rückmeldungen gingen dann direkt an die Arbeitsuchende: „Telefonieren, das kann ich, das ist kein Problem. Und jetzt habe ich einen Job“, sagt sie mit einem breiten, glücklichen Lächeln. Sie arbeitet wie früher als Stubenmädchen, in einem angenehmen Arbeitsumfeld, die Arbeitszeiten passen und ihr Arbeitgeber hat Verständnis für ihre Situation als Alleinerzieherin.

"Es gibt viele Frauen wie mich da draußen"

Und dann bricht es aus ihr heraus, dass sie so etwas wie Schritt für Schritt schon früher ganz dringend gebraucht hätte: „Ich habe viele Jahre verloren.“ Ohne Arbeit war sie frustriert, aber seit sie wieder arbeitet, ist sie glücklich, fit und zufrieden. „Es gibt viele Frauen wie mich da draußen“, sagt sie ernst, denn viele ausländische Frauen hätten kein Selbstbewusstsein, obwohl gerade das so wichtig sei. „Wir brauchen Arbeit und Selbstbewusstsein.“ Und sie erinnert daran, dass Menschen wie sie oftmals zunächst jemanden brauchen, der ihnen sagt, dass sie bei der Bewerbung einfach reden sollen, sich etwas (zu-)trauen können. Sie selbst rief ihre Beraterin an, als sie aufs Bewerbungsgespräch wartete – um sich Mut zu holen. Derart unterstützt und ausgestattet mit neuer Zuversicht, konnte sie sich den Job sichern und ist mehr als glücklich damit: „Ich arbeite dort, ich spreche, alle verstehen mich. Es ist ein sehr schönes Gefühl.“

Osasu A. wurde beim arbeit plus Wien-Mitglied FAB im Rahmen des Projekts „Schritt für Schritt“ beraten und arbeitet nun als Stubenmädchen.

„Ich bin glücklich mit dem Job. Es ist schwere Arbeit,
aber besser als arbeitslos sein.“
Osasu A.

„Frau A. wollte direkt
in einen Job vermittelt werden.“
Roya Ghaffary, FAB