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Ein ganz neues Leben

Der sympathische über 50-Jährige hatte eine denkbar schwierige Startposition: bei den Großeltern aufgewachsen, die Großmutter pflegebedürftig, der Großvater ein gewalttätiger Alkoholiker. Freiheit gab’s auf der Straße, erste Erfolgserlebnisse in der Schule. Als Willi elf ist, erschießt sich der Vater, er selbst kommt mit Glück knapp davon, will einfach nur mehr weg von allem. 
Er probiert einige Lehrstellen aus, will Polizist werden. Beim ersten Stellungstermin ist er noch zu klein, wird vertröstet, zum zweiten Termin kommt es nicht mehr: erste Vorstrafe. Mit 15 drogenabhängig, auf der Straße trifft er „Gleichgesinnte, Gleichleidende“. Mit 18 dann „die erste Nadel“, ein Jahr später der erste Therapieversuch. Willi G.s Leben wird immer gewalttätiger, Haftstrafen folgen. 
Im Gefängnis stumpft er ab – gegenüber Emotionen und anderen Menschen, aber tief drinnen glaubt er an Gott „weil ich das g’spür“.
 

lachender mann mit braunen, zurückgekämmten Haaren und Kinnbärtchen an Nähmaschine
Willi G. an seinem neuen Arbeitsplatz
zwei Frauen vor einem Regal mit Stoffmustern: links lange, zusammengebundene schwarze Haare, schwarzes Top; rechts: dunkelbraune Locken, schwarzes T-Shirt und Weste
Renate Dobnig und Sanja Franic (beide gabarage upcycling design)

So übersteht er diese Zeit, wird Türsteher, lernt eine Krankenschwester mit Kind kennen, wohnt bei ihr, kümmert sich um die Kleine. 2001 endet die Beziehung, er arbeitet, leidet, hat das Gefühl „das pack ich nicht“. 
„Und dann hab’ ich mir wieder die Nadel einighaut“, berichtet Willi G. von seiner dunkelsten Zeit. Acht Jahre auf der Straße, „reduziert auf nix“. Als er ganz unten ist „hat etwas zu wachsen begonnen in mir“ – wieder Entzug, ein Jahr bei gabarage („ich hab’ mich sofort wohlgefühlt, mir hat das einfach gefallen, die Ruhe, das Nähen“), muss dort aufhören, wird zweimal rückfällig, Gelegenheitsjobs, eine kleine Wohnung als Refugium. Schließlich eine neue Chance: erneut gabarage – Bekanntes, Unterstützung, Aufarbeitung der Schulden, endlich die ersehnte Fixanstellung!

"Ich bin hier immer unterstützt worden"

Seit zwei Jahren näht Willi G. nun in seinem neuen, von Drogen freien Leben für den gabarage­Shop mit viel Geschick tolle Kreationen: „Es ist wichtig zu wissen, dass man gebraucht wird, und Feedback kriegt: ,Hearst, du hast was drauf. Du machst was Gutes.‘“ 

Willi Gruber war (und ist) beim arbeit plus Wien-Mitglied gabarage upcycling design (social-design-Business) beschäftigt.

"Als der Willi zu uns gekommen ist, ist mir gleich aufgefallen, dass er ein Talent zum Nähen hat."

Renate Dobnig, gabarage

"gabarage bietet ein geregeltes Arbeitsleben, Struktur: Pünktlichkeit, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Offenheit."

Claudia Ricica-Bruckner, gabarage