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Ein (amaZone-)Gewinn für alle

Ein modernes Planungsbüro in historischem Ambiente: Computer, technische Geräte, an den Wänden Pläne und Visualisierungen – und das in dem Haus, in dem Adele Bloch-Bauer, die Muse von Gustav Klimt, lebte und wo dereinst dessen berühmtes Gemälde „Die Goldene Adele“ hing! Doch hier fügt sich alles harmonisch zusammen – so wie die Geschichte von Fozia Y., die in eine neue Welt eintauchte und ihre Begeisterung und Kultur miteinbrachte. Die junge Frau fühlt sich wohl, ist angekommen und verwirklicht bei der Allplan GmbH mit einer Lehre zur technischen Zeichnerin ihren Traum: „Ich hab‘ immer gesagt, ich will in der Technik arbeiten. Nichts anderes, nur Technik.“

Aber ganz von Anfang an: Ende 2012 kam die gebürtige Afghanin nach Österreich, absolvierte Deutschkurse bis zum Niveau B1, machte in der Volkshochschule den Pflichtschulabschluss, um anschließend an der HTL Bautechnische Zeichnerin zu lernen. Doch die Schule war nicht das Richtige für sie, deshalb suchte sie eine Lehrstelle im technischen Bereich.
 
Unterstützt wurde Fozia Y. dabei in einem Kurs für jugendliche Flüchtlinge und vor allem bei sprungbrett für Mädchen, einer Beratungsstelle für junge Frauen zwischen 15 und 20 Jahren. Seit 1987 werden hier Mädchen in verschiedenen Projekten beraten, gestärkt und bei der Berufswahl begleitet. „Viele junge Mädchen wissen einfach gar nicht, welche Berufe es gibt, kennen nur die in ihrem Umfeld“, berichtet Daniela Mahel von sprungbrett. „Es gibt leider immer noch ganz viele Berufe, wo der Frauenanteil unter 40 % liegt, zum Beispiel das Berufsbild, das Fozia ergriffen hat, technische Zeichnerin.“

Eine junge Frau mit langen Haaren und Brille sitz vor einem Computerbildschirm und trägt etwas in einen Plan ein.
Fozia Y. überzeugte von Anfang an durch ihre Motivation und ihre schnelle Auffassungsgabe.
Zwei junge Frauen, eine davon mit Brille, in Büroräumlichkeiten.
Daniela Mahel und ihre Kolleginnen bei sprungbrett für Mädchen unterstützten Fozia Y. (v. l.)

sprungbrett berät aber auch Unternehmen, die mehr Frauen beschäftigen möchten, und kennt viele Best-Practice-Beispiele aus Firmen, die sich bereits für Frauen in Handwerk und Technik einsetzen. Aus dieser Zusammenarbeit ergeben sich Möglichkeiten für Exkursionen und Praktika, damit die Teilnehmerinnen die Bandbreite der Berufsmöglichkeiten direkt erleben können. Das verhindert, dass sich die Jugendlichen einfach auf gut Glück irgendwo bewerben, ohne zu wissen, was der Job beinhaltet. „Die Mädchen bekommen bei sprungbrett wirklich eine Berufsorientierung, das heißt, sie sind vorinformiert über den Inhalt des Berufsbilds. Wenn sich Mädchen bewerben, die wir empfehlen, sind sie schon einen Vorweg gegangen und stehen nicht mehr am Anfang in der Orientierung“, erläutert die sprungbrett-Beraterin. Das erspart auch den Unternehmen Zeit und Mühe. Fozia Y. kam schließlich über eine Praktikumsanfrage von sprungbrett zur Allplan GmbH. „Also da haben wir ein tolles Unternehmen gefunden“, schwärmt Daniela Mahel.

Engagement für mehr Frauen in der Technik
 

Die Allplan GmbH wurde 1967 gegründet und beschäftigt sich mit Umwelt- und Energieplanung, Energiedesign und Gebäudetechnik. „Wir planen im Prinzip Heizungsanlagen, Lüftungsanlagen, Sanitäranlagen, Elektrotechnik. Das heißt, wir berechnen den Wärmebedarf, sagen, wie groß der Heizkörper sein muss, wie viele Stück man braucht, um diese Anlage zu bauen“, erklärt Planungsexpertin Vera Pomberger. Dazu kommen noch Überprüfungen, ob die Vorgaben richtig umgesetzt werden. Die geschäftsführende Gesellschafterin von Allplan, Susanne Schindler, ist sehr daran interessiert, dass mehr Frauen in die Technik kommen. Sie war es auch, die durch ihre ehrenamtliche Arbeit in einem Integrationsverein auf Fozia Y. aufmerksam wurde und ihr ein einwöchiges Praktikum ermöglichte.

In diesen fünf Tagen überzeugte die junge Frau alle durch ihre Motivation und ihre schnelle Auffassungsgabe. „Sie ist hochmotiviert, hat aber nicht die Schulbildung wie ein österreichisches Schulkind. Also da muss man halt helfen“, konstatiert Vera Pomberger, die sich hauptsächlich um den „Neuzugang“ kümmerte. „Am Anfang habe ich viele Probleme mit der Sprache gehabt. Aber mit Hilfe meiner Kollegen und Kolleginnen … und Vera hat mir wirklich sehr geholfen, beim Lernen, bei allem“, lächelt Fozia Y. dankbar. Und die Zeit, die in die Ausbildung der schüchternen Afghanin investiert wurde, hat sich schon jetzt gelohnt: Nicht nur, dass das Team durch den Umgang mit jemandem aus einer ganz anderen Kultur profitierte, ergab sich bereits ein wirtschaftlicher Nutzen aus dem Arbeitsverhältnis. Allplan bewirbt sich für ein Projekt im Iran, und da wird Fozia dank ihrer Erfahrung und ihrer Sprachkenntnisse – Muttersprache Farsi und Dari – gemeinsam mit einer Kollegin aus dem Iran zur Schlüsselperson. „Da stechen wir dann die anderen Firmen aus“, freut sich Vera Pomberger. „Es ist eine Win-win-Situation.“

Ausgezeichnetes Unternehmen
 

Apropos Gewinnen: Im Jahr 2019 gewann die Allplan GmbH den begehrten amaZone-Award, der von sprungbrett für Mädchen alljährlich an Unternehmen vergeben wird, die sich besonders in der Ausbildung von Mädchen und Frauen in Handwerk & Technik engagieren und erfolgreiche Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung setzen. Das Allplan-Team ist natürlich sehr stolz auf diese Auszeichnung und darauf, dass die junge, engagierte Kollegin demnächst ihre Lehrabschlussprüfung machen wird.

„Was ich bald bemerkt habe bei Fozia, war, dass sie angefangen hat zu lächeln, und dann zu kichern und zu erzählen – dass sie aufgetaut ist mit der Zeit. Das ist mindestens genauso schön wie das Lernen“, freut sich Vera Pomberger über die Entwicklung ihres „Schützlings“. „Ja, das ist schwer für mich. Nicht nur für mich, sondern für alle Frauen und Mädchen aus Afghanistan – öffentlich lächeln und so. Das ist mein erster Job und ich lerne alles hier. Und ich bin sehr zufrieden mit meiner Arbeit“, fügt Fozia Y. mit einem schüchternen, aber glücklichen Lächeln hinzu.

Fozia Y. wurde beim arbeit plus Wien-Mitglied sprungbrett für Mädchen beraten und ist bei der Allplan GmbH in Wien-Wieden beschäftigt.

„Ich habe sehr viel gelernt, nicht nur Technik, sondern menschliche Kontakte, Freundlichkeit, Hilfsbereitschaft.“
Fozia Y.

„Es sind natürlich zwei Kulturen, die da aufeinanderprallen. Ich find’s aber so schön, dass es bei uns so gut geklappt hat, auch weil wir relativ klein sind.“
Vera Pomberger, Allplan GmbH