arbeitplus wien
arbeitplus wien
Schild mit dem Hilfswerk-Logo

Das ist noch nicht die Endstation

2013 war für Frau B. die Welt noch in Ordnung: Sie hatte gerade die Pflegeausbildung abgeschlossen, arbeitete als Krankenschwester, heiratete, wollte mit ihrem Mann ein gemeinsames Leben aufbauen – doch dann kam alles anders. Politische Probleme im Heimatland zwangen das junge Paar 2015 nach Österreich zu flüchten – „wir mussten unser Hab und Gut zurücklassen, konnten auch keine Papiere mitnehmen“, erinnert sich Frau B..

Da die junge Frau keinerlei Zeugnisse oder Nachweise ihrer Kenntnisse hat, ist es für sie besonders schwer, in Österreich am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. „Ich würde zwei bis drei Monate zurück nach Tunesien fahren müssen, um die Papiere neu zu beantragen und Unterschriften zu erhalten. Das geht nicht“, bedauert die 36-Jährige. Also suchte sie in unterschiedlichsten Branchen nach einer geeigneten Stelle, war bei vielen Firmen zum Vorstellungsgespräch: „Die einen sagen, ich habe ein Kopftuch, das ist das Problem. Die anderen sagen, ich habe keine Erfahrung, das ist das Problem. Dass ich etwas kann, hat mir keiner geglaubt“, schildert sie mit trauriger Stimme ihre Erfahrungen.

Eine lächelnde junge Frau mit weißem Hidschab
Frau B. möchte mit einer zusätzlichen Ausbildung im Job weiter kommen.

Nach langer, vergeblicher Suche kam Frau B. im März 2022 schließlich zum Wiener Hilfswerk, wurde befristet im Projekt „Haus- und Heimservice“ beschäftigt – ihr erster Job in der neuen Heimat! Hier wurde sie bestmöglich unterstützt, konnte ihre Deutschkenntnisse verbessern und endlich wieder aktiv sein. „Ich habe Wohnungen, Büros, Fenster geputzt, war für Kund*innen einkaufen“, schildert sie ihren Alltag beim Hilfswerk. Wie alle Teilnehmer*innen wurde sie zunächst gründlich eingeschult, denn: „Am Anfang war bei ihr natürlich noch Unsicherheit zu spüren - was kommt da auf mich zu, werde ich das schaffen? Wie ist das, bei fremden Menschen in der Wohnung zu sein?“, berichtet Sabine Knopp, Geschäftsfeldleiterin Haus- und Heimservice.

Auch Personen, die noch nie in der Reinigung gearbeitet haben, sind im Projekt herzlich willkommen, wenn sie wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen – sie werden bestens angelernt. „Die Vorbereitungszeit dauert fünf bis acht Wochen“, erklärt Sabine Knopp den Ablauf. „In dieser Zeit arbeiten die Teilnehmer*innen nicht alleine, sondern immer mit einer Arbeitsanleiterin. Oder auch in unseren eigenen Einrichtungen, wie zum Beispiel geriatrische Tageszentren oder Seniorenwohngemeinschaften, wo auch Betreuer*innen und Heimhilfen sind, die unsere Mitarbeiter*innen anleiten.“ Erst nach dieser intensiven Einschulungszeit reinigen die befristet Beschäftigten selbständig in privaten Haushalten und kleinen Büros. Sie sind dann sechs Monate in einem Dienstverhältnis, bekommen Gehalt sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld, haben Urlaubsanspruch und „sind schon im Arbeitsprozess drin, mit sämtlichen Vorteilen, die man dadurch hat“, weiß die Expertin.

Eine Frau mit dunklen, gelockten Haaren und eine Frau mit weißem Hidschab lächeln in die Kamera.
Sabine Knopp ist zuversichtlich, dass Frau B. noch viel schaffen kann.

Zusätzlich absolvierte Frau B. Hygieneschulungen, um allen Anforderungen des neuen Jobs gerecht zu werden. „Frau B. war bei den Kund*innen sehr beliebt, es sind immer Nachfragen gekommen, ob sie nächste Woche eh wieder kommt“, ist Knopp stolz auf ihre ehemalige Mitarbeiterin. „Die Leute haben sich schon sehr auf sie gefreut, weil wir ja auch viele Stammkund*innen haben, wo wir wöchentlich oder vierzehntäglich reinigen.“ Frau B. war sehr engagiert, auch bei der Jobsuche, suchte zusätzlich zu den Vorschlägen der Berater*innen, welche Stellenangebote für sie in Frage kämen. „Im Coaching konnte man von Woche zu Woche die Weiterentwicklung sehen“, erinnert sich Sabine Knopp. „Sie ist sicherer geworden, es ist dann auch immer mehr Selbstbewusstsein gekommen.“

Das Coaching dient dazu, die persönliche Situation zu klären, damit die Teilnehmer*innen den Kopf frei bekommen für die Arbeitsuche und fit für den Job werden. „Es ging viel um Jobsuche, aber auch vieles anderes… alles, was ich so zu besprechen hatte“, nahm Frau B. das Angebot gerne an. In dieser Beratungszeit wird auch erarbeitet, wo die Teilnehmer*innen überhaupt hinwollen, was ihre Pläne und Ziele sind. Die eigenen Kompetenzen werden gefördert, damit sich die Teilnehmer*innen ihrer eigenen Stärken wieder bewusst werden. Um die Chancen bei Bewerbungsgesprächen zu erhöhen, bietet das Wiener Hilfswerk zusätzlich zu Bewerbungstraining und Berufsorientierung eine Farb- und Stilberatung zum Thema: Wie kleide ich mich, wie trete ich richtig auf bei meinem Vorstellungstermin?

Die Teilnehmer*innen profitieren von Kooperationen

Bei den Bewerbungen selbst profitieren die Jobsuchenden von den zahlreichen Kooperationen, die das Wiener Hilfswerk hat: „Wir haben Firmen, die an uns herantreten, wenn sie Personal suchen. Dorthin können wir unsere Teilnehmer*innen vermitteln, weil sie wissen, wenn jemand von uns kommt, werden sie zufrieden sein“, freut sich Sabine Knopp. Besonders aber freut es sie, dass Frau B. im Jänner 2023 einen fixen Arbeitsplatz als Reinigungskraft in einem Pflegeheim gefunden hat. „Ich putze die Zimmer der Bewohner*innen dort – aber nur Boden, Badezimmer, Waschbecken und Klo“, erzählt Frau B.. „Bis jetzt ist alles okay im neuen Job. Es ist viel zu tun.“

Die 36-Jährige macht schon Pläne für die Zukunft: „Jetzt habe ich diesen Job, aber ich habe beim waff angefragt und wollte weiter eine Ausbildung machen, aber dafür brauche ich mindestens Deutsch B2, jetzt habe ich nur B1. Also muss ich jetzt noch besser Deutsch lernen, dann kann ich wieder eine Ausbildung machen“, blickt Frau B. optimistisch in die Zukunft. Derzeit geht sich der B2-Kurs leider nicht aus, aber der Plan steht und wird von der engagierten Frau sicher noch umgesetzt.

Frau B. war beim arbeit plus Wien-Mitglied Wiener Hilfswerk beschäftigt und arbeitet als Reinigungskraft.

„Ich habe vor, noch eine Ausbildung zu machen.“
Frau B.

„Unsere Kooperationen erhöhen die Jobchancen der Teilnehmer*innen.“
Sabine Knopp, Wiener Hilfswerk